#Trend

Mythen
über nachhaltig
gedruckte Medien

Die Preise für Papier und Kartonagen steigen. Ebenso für Onlinewerbung. Marketers und Budgetverantwortliche stehen immer wieder vor der Frage: Print oder Digital? Mit Blick auf die Performance, aber zunehmend auch mit Blick auf die Nachhaltigkeit.
Jürgen Zietlow, Unternehmensberater für nachhaltige Kommunikation und Fachjournalist für UmDEX.de, fasst zehn weit verbreitete Mythen zusammen und macht einen Faktencheck.

Medien sind meistens
nachhaltiger

Ob die Gattung Print oder Digital nachhaltiger ist, ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Zum Beispiel von der Nutzungsbestimmung (Buch, Illustration, Bildband etc. versus Wegwerfwerbung). Auch die Wirkung (z. B. wie viele Einheiten E-Mails oder alternativ Druckwerke erwirtschaften einen Rücklauf) entscheidet über den C02-Fußabdruck. Print IST wirkungsvoll und wird künftig individueller, hochwertiger und personalisierter (Volladressierung, spezielle, personenbezogene Inhalte etc.). Aufgrund steigender Papierpreise wird es künftig weniger Massendrucksachen geben. Print wird somit „zwangsläufig“ weiter wettbewerbsfähiger und damit per se zugleich nachhaltiger.

Nachhaltig produzierte
Medien $ind t€urer als
konvention€lle

Diese Aussage ist generell richtig, jedenfalls aus der Sicht der produzierenden Druckereien. Offizielle, hochwertige Umweltmanagementsysteme wie EMAS oder DIN ISO 14001 verpflichten Druckereien zur Erfassung sämtlicher umweltrelevanter Daten aus allen Abteilungen, zu regelmäßigen Überprüfungen (Revalidierungen) durch staatlich autorisierte Experten und zur Transparenz, also dem Verfassen von Umweltberichten (Ökobilanzen). Recyclingpapier kostet im Mittel rund 30 Prozent mehr als weniger nachhaltiges Frischfaserpapier. Gleichwohl kompensieren viele Druckereien diese Kosten und verzichten auf einen Teil ihrer Margen. Die mittleren Aufpreise für Printbuyer rangieren bei deutlich geringeren 10 bis 20 Prozent. Dafür sind, z. B. mit dem hochwertigsten Umweltlabel für Drucksachen, dem Blauen Engel auf der eigenen Drucksache, eine gute Tat im Sinne des Klimaschutzes und ein lupenreines Image inklusive.

Umweltfreundliche Papiere
sind qualitativ nicht

Sowohl bei Recycling- als auch bei Frischfaserpapieren sind sowohl ungestrichene, offene und dadurch etwas rauer wirkende (häufig als Naturpapier bezeichnet) Papiersorten erhältlich, ebenso wie feinere, gestrichene. Bei gestrichenen Papieren wird eine Streichfarbe als Bindemittelauftrag verwendet, die die Papieroberfläche schließt und diese dann glatter, stabiler sowie weißer wirken lässt. Wer sein Druckprodukt mit dem Blauen Engel (nachhaltiger Druckprozess) labeln möchte, muss entsprechend freigegebene Papiere, die das Blaue-Engel-Siegel 14a tragen, akzeptieren. Diese sind mittlerweile fein, können matt gestrichen sein, ausreichend weiß (nicht hochweiß) und lassen sich kaum noch von konventionellen Papiersorten unterscheiden. Geht es um die letzte Nuance bei der Druckqualität (z. B. für Illustrationen, Bildbände, Kunstkataloge etc.) empfiehlt sich gegebenenfalls ein absolut hochweißes Frischfaserpapier. Doch auch dieses landet idealerweise im Papierkreislauf und wird früher oder später zum wesentlichen Wertstoffteil des Recyclingpapier-Kreislaufs.

Nachhaltige Medienproduktion
ist kompliziert

Die Komplexität der Nachhaltigen Medienproduktion ist ein Mythos. Seit Jahren gibt es eingeführte, offizielle, hochwertige und teils international geregelte Standards, die sich grob in unternehmens- und produktbezogene Zertifizierungen unterteilen lassen. In Summe also wenige, einfach zu überblickende Labels, wie beispielsweise auf der Website der Brancheninitiative UmDEX (www.umdex.de/umdex-website/) zusammengefasst. Die Initiative will vermeintliche Komplexität reduzieren, über die gängigen Labels und Prozesse aufklären und listet unentgeltlich Druckdienstleister, die auf Basis solcher Standards hochwertig nachhaltig Dienste leisten („UmDEX-Klasse“).

leisten gar nicht so

für die als
konventionelle

Ebenfalls ein klassischer Mythos, nicht selten so verbreitet von weniger nachhaltigen Druckdienstleistern. Die Nachhaltige Medienproduktion, eine ganzheitlich nachhaltige Produktionsumgebung, die Datenerfassung und das Berichtswesen etc. sind ein vielschichtiger Prozess für die entsprechend umweltfreundlich dienstleistenden Druckereien. Die wenigen Druckereien, die die Standards schon heute erfüllen (in Hamburg z. B. die Druckerei Langebartels + Jürgens GmbH, die auch diese Ausgabe des #printproudmagz gedruckt hat), beschäftigen sich aufgrund dieser Prozesse permanent mit dem Thema Umweltschutz und können dahingehend auch ihre Kunden mit sehr konkreter fachlicher Expertise beraten.

Ein Recyclingpapier emittiert bei seiner Produktion 15 bis 20 Prozent weniger CO2. Mit Blick auf die Nachhaltigkeit also immer eine gute Wahl. Doch wie nachhaltig ein Druckprodukt schließlich wird, hängt an vielen weiteren Faktoren, vor allem an der gesamten Produktionsumgebung. Auch ganzheitlich umweltfreundlich produzierende Druckereien verarbeiten Frischfaserpapiere, achten aber auch dabei auf Assets wie nachhaltige Druckfarben, einen umweltgerechten Druckprozess (weniger oder kein Alkohol, nachhaltige Verbrauchsmaterialen und Druckhilfsmittel), ein schlüssiges Abfallkonzept und einiges mehr. Wenn ein Druckprodukt langlebig ist (Bücher, Bildbände, Dokumentationen, Illustrationen etc.) stimmt vor dem Hintergrund einer ganzheitlich umweltgerechten Produktion die C02-Bilanz auch bei Frischfaserpapier!

Wie nachhaltig meine
Drucksache wird, hängt
allein von der Druckerei ab

Wie erwähnt, hängt das auch, aber nicht nur von den nachhaltigen Assets einer Druckerei ab. Vielmehr können die Kunden selbst und die beratenden und gestaltenden Agenturen sehr viel zur Nachhaltigkeit beitragen: durch die Wahl der richtigen Formate, Materialien, die nutzungsgerechte Formatierung etc. Soweit das im Einzelfall möglich ist und ausreichend Daten vorhanden sind, zahlt mit Blick auf eine jeweilige Gesamtauflage auch die Individualisierung bzw. Personalisierung (datenbasierte Konfektionierung z. B. von Kataloginhalten, nach Geschlecht, Region, Kaufverhalten etc.), auf das Druckvolumen und somit auf die Nachhaltigkeit eines Druckproduktes bzw. Druckauftrages ein. Agenturen, die auch bei der Veredelung auf nachhaltige Methoden zurückgreifen (Blindprägung, Sonderformate etc.) machen alles richtig. Diese und weitere Überlegungen, eine fachgerecht nachhaltige Kreation, ist Aufgabe der Agenturen, bereits weit vor dem eigentlichen, nachhaltigen Druckprozess.

Die meisten Umweltlabels bzw. -logos darf ich auf der Drucksache nicht abbilden

Nicht alle, aber die wichtigsten! Allen voran das hochwertigste Label für Drucksachen, der Blauer Engel, speziell für Druckprodukte. So gelabelte Drucksachen sind nicht nur mit Recyclingpapieren hergestellt, die selbst das Label des Blauen Engels tragen, sondern dokumentieren, dass ein Druckprodukt in einer umweltgerechten Produktionsumgebung mit nachhaltigen Produktionsverfahren hergestellt wurde. Damit ist eine Drucksache optimal nachhaltig gelabelt. Wer die trotzdem nicht vermeidbaren CO2-Emissionen vollständig ausgleichen möchte, kann seinen Druckauftrag über Klimaneutralzertifikate (von NatureOffice, Climatepartner etc.) CO2-neutral stellen und dann auch ein entsprechendes Label mit einer individuellen Kontrollnummer abbilden. Viele Druckereien können beide Labels anbieten.

Mein Druckauftrag allein rettet nicht die Welt!

Jeder nachhaltige Druckauftrag schützt das Klima! Wie im Rahmen der „Kampagne Subventionspaket Blauer Engel“ (KSB, UmDEX.de) berechnet wurde, könnten vier Großstädte mit je einer Million Einwohnern vollständig mit Strom versorgt werden, wenn auch nur 20 Prozent aller Druckereien etwa 40 Prozent der produzierenden Drucksachen nach den Standards des Blauer Engels produzieren würden. Die Kampagne möchte die Preisdifferenz zwischen Frischfaser- und Recycling-Papier egalisieren, um mehr Druckereien und Printbuyer zu motivieren, Druckprodukte entsprechend nachhaltig zu produzieren. Dazu könnten z. B. Fördermaßnahmen des Staates wie bei der Elektromobilität beitragen.

Echte Nachhaltigkeit ist von
Greenwashing schwer
zu unterscheiden

In der Druckbranche sind mit „Greenwasher“ jene Unternehmen gemeint, die das Thema Nachhaltigkeit und Umweltschutz ins Zentrum Ihres Marketings stellen. Und zwar ohne die Umsetzung der bestehenden offiziellen Branchenstandards, zum Beispiel: Blauer Engel, EMAS, DIN ISO 14001, DIN IS 50001 (Umwelt- und Energiemanagementsystem) EU Ecolabel und einige mehr. Verunsicherte Printbuyer finden offiziell zertifizierte, nachhaltige Druckereien über die Website der UmDEX.