#Menschen

Emma Raff bleibt stehen, wo die meisten achtlos vorbeigehen:
An Gullydeckeln.

Aus deren Mustern macht die Textildesignerin Mode. Alles was sie dafür braucht sind Stoff, Farbe und eine Malerrolle. Ihre Mission: Die Schönheit des Alltäglichen sichtbar machen.

Wenn Emma Raff einen schön verzierten Gullydeckel entdeckt, kniet sie sich nieder und stellt ihr Materialköfferchen ab. Zuerst streift sie den Schmutz feinsäuberlich ab, nimmt eine kleine Farbwalze in die Hand und bemalt den Gullydeckel anschließend behutsam, bis das Motiv komplett von der Textilfarbe erfasst ist. Dann legt sie ein T-Shirt, einen Pullover oder einen Jutebeutel drauf, drückt fest – und tada: Das Kunstwerk ist fertig. Kurz noch drüberbügeln und ab in den Verkauf auf ihrer Website oder vor Ort in ihrem Kunstatelier in Berlin-Neukölln. Raubdruckerin nennt Raff ihr Projekt.

EMMA RAFF
hat stets drei Dinge dabei: T-Shirts, Farbe und Malerrolle. Hier zeigt sie ein Exemplar aus ihrer beliebten Berlin-Kollektion, die mit Sehenswürdigkeiten wie dem Fernsehturm, dem Brandenburger Tor und der Siegessäule bedruckt ist.

Der Gehweg als Wohnzimmer

Paris, Lissabon, Berlin: In vielen Metropolen Europas hat Raff ihre Spuren hinterlassen. Wo der Materialkoffer gerade steht, ist für ein paar Stunden ihr Pop-Up-Atelier. Oft bleiben Menschen stehen und schauen neugierig zu. „In einer Welt, in der wir ständig mit dem Blick aufs Smartphone durch die Gegend laufen ist es einfach toll, wenn jemand innehält und merkt, was seine Umgebung zu bieten hat“, sagt Raff. Viele erzählen Geschichten, einige bringen Kaffee vorbei, andere bieten ihr sogar eine Übernachtung an.

Für die Textildesignerin geht es darum, sich das zu nehmen, was die Stadt im öffentlichen Raum zu bieten hat. „Die Leute sind begeistert, etwas zu sehen, das sie an dem Ort nicht erwartet hätten“, erzählt sie. Raff wirkt eben nicht nur auf die Umgebung, sondern auch auf die Menschen. „Kunst an einem öffentlichen Ort zu machen, belebt die Stadt und beseelt die Menschen.“ Für die Textildesignerin geht es darum, oft übersehene Motive aus der öffentlichen Infrastruktur sichtbar zu machen. Wie Gullydeckel eben. „Eigentlich ist das ganze ein Prozess. Ich sehe etwas, transferiere es, und schaffe damit etwas Neues, das an anderen Orten lebendig wird“, sagt sie. Dieser Prozess – dafür stehe der Name Raubdruckerin. „Es ist ein bisschen wie weggenommen und woanders hingebracht.“

Doch nicht alle sind begeistert von Raffs Pop-Up-Ateliers. Einmal habe ihr die Polizei in Amsterdam Umweltverschmutzung unterstellt und eine Strafe von 1000 Euro angedroht. „Da war ich echt traurig. Ich nutze nur Ökofarben und umweltzertifizierte T-Shirts – das ist mir wichtig“, erzählt die 39-Jährige. In Frankreich musste sie einmal 40 Euro Strafe zahlen. Oft komme das aber nicht vor. Das Wetter dagegen mache ihr häufiger einen Strich durch die Rechnung. Bei Regen lässt sich nicht arbeiten, bei starkem Wind ebenso wenig. Zwischen Metal und Operngesang – wie alles anfing Die Geschichte der Raubdruckerin beginnt im Winter 2005 in der Region Alentejo im Süden Portugals während eines Urlaubs mit ihrem Vater. Die beiden unterhalten sich über Kunst und stoßen dabei – wie, das weiß Raff auch nicht mehr genau – auf Gullydeckel. Die beiden sind fasziniert von der Idee, Gullydeckel als Druckmotiv zu nutzen. Am nächsten Morgen fährt Raff mit dem Auto los, als sie ein paar Kilometer weiter eine Entdeckung macht: einen kleinen, hübsch verzierten Gullydeckel, darauf zu lesen das Wort „Aguas“, auf Deutsch Wasser. Farbe drauf, T-Shirt festdrücken – das erste Exemplar war geboren. Emma Raff ist begeistert, organisiert zusammen mit ihrer Schwester einen Gullydeckel aus der Hafenstadt Sines und eröffnet spontan einen Stand auf einem Festival, wo die beiden die Shirts vor Ort bedrucken und verkaufen. „Zwischen japanischem Heavy Metal und kolumbianischem Operngesang fanden die ersten Exemplare neue Besitzer“, sagt die Künstlerin. So richtig erfolgreich sei das zwar nicht gewesen, aber die Begeisterung blieb. Einige Jahre später findet die 39-Jährige in ihrer Berliner Wohnung eine Box, eine verschwundene Schatzkiste, wie sie es nennt. Der Inhalt: eine Malerrolle, unbedruckte T-Shirts und Farbe. Spontan zieht sie durch Berlin, sucht Motive und verkauft die ersten druckfrischen Exemplare. Das Angebot wird viel besser als in Portugal angenommen, Raff gründet einen eigenen Webshop mit dem Namen Raubdruckerin. Das Projekt war geboren.

Zwischen Metal und Operngesang – wie alles anfing

Die Geschichte der Raubdruckerin beginnt im Winter 2005 in der Region Alentejo im Süden Portugals während eines Urlaubs mit ihrem Vater. Die beiden unterhalten sich über Kunst und stoßen dabei – wie, das weiß Raff auch nicht mehr genau – auf Gullydeckel. Die beiden sind fasziniert von der Idee, Gullydeckel als Druckmotiv zu nutzen. Am nächsten Morgen fährt Raff mit dem Auto los, als sie ein paar Kilometer weiter eine Entdeckung macht: einen kleinen, hübsch verzierten Gullydeckel, darauf zu lesen das Wort „Aguas“, auf Deutsch Wasser. Farbe drauf, T-Shirt festdrücken – das erste Exemplar war geboren. Emma Raff ist begeistert, organisiert zusammen mit ihrer Schwester einen Gullydeckel aus der Hafenstadt Sines und eröffnet spontan einen Stand auf einem Festival, wo die beiden die Shirts vor Ort bedrucken und verkaufen. „Zwischen japanischem Heavy Metal und kolumbianischem Operngesang fanden die ersten Exemplare neue Besitzer“, sagt die Künstlerin. So richtig erfolgreich sei das zwar nicht gewesen, aber die Begeisterung blieb.

Einige Jahre später findet die 39-Jährige in ihrer Berliner Wohnung eine Box, eine verschwundene Schatzkiste, wie sie es nennt. Der Inhalt: eine Malerrolle, unbedruckte T-Shirts und Farbe. Spontan zieht sie durch Berlin, sucht Motive und verkauft die ersten druckfrischen Exemplare. Das Angebot wird viel besser als in Portugal angenommen, Raff gründet einen eigenen Webshop mit dem Namen Raubdruckerin. Das Projekt war geboren.

Und dann ging es richtig los: Zusammen mit ihrem Freund Orpheas startet sie eine Tour durch Südeuropa – mehr Gullydeckel entdecken lautet das Ziel. Der Kofferraum ihres Autos ist voll mit T-Shirts, Farbe und Malerrollen. Kurze Zeit später finden sich Schiffe aus der Hafenstadt Lissabon, Blumenmuster aus Barcelona und die spiralförmigen Gitter des Montmartre auf Shirts ihrer Kollektion. Im Laufe der Zeit kommen immer mehr Motive dazu, die Marke wächst stetig. Heute hat die Raubdruckerin insgesamt 140.000 Follower auf Facebook und Instagram. Doch ihr Erfolg hat auch Schattenseiten, sagt sie. Durch die Kommerzialisierung komme es zu einer Verschiebung. Plötzlich gehe es nicht mehr nur um die Schönheit des Motivs, sondern auch darum, genügend Exemplare für den Webshop zu produzieren. „Die Spontanität geht verloren. Wenn du 2000 T-Shirts pro Tag druckst, wirst du zur Maschine.“ Vor kurzem hat Raff deshalb eine Kooperation mit einer Berliner Werkstatt für Menschen mit Behinderung gestartet. Dort werden die Motive auch gemalt, gedruckt und gebügelt – nur eben mit „mobilen“ Gullydeckeln, die Raff bei den Berliner Wasserwerken erworben hat. Sie zieren lokale Sehenswürdigkeiten wie den Fernsehturm, das Brandenburger Tor oder die Siegessäule. „Es macht total Spaß zu sehen, wie viel Liebe und Begeisterung die Menschen dort dem Druck widmen“, sagt Emma Raff.

Der Plan: Die Produktion von einigen wenigen Bildmotiven outsourcen, damit im Shop immer genug da ist – so bleibt für Raff wieder mehr Zeit Neues zu entdecken. Im Herbst soll es zusammen mit ihrem Partner nach London gehen. „Endlich kann ich wieder raus. Corona hat das ganze echt erschwert“, erzählt sie. Mal sehen, welche neuen Motive dann Ende des Jahres die T-Shirts im Shop der Raubdruckerin schmücken. #