Dann öffnet er eine der stählernen Schubladen in seinem Industriestudio, holt seine Schätze vorsichtig hervor: marmoriertes Papier aus Venedig, Buntpapier aus Istanbul, Schlachterpapier aus der Bretagne und welches vom Käsehersteller aus Nordspanien, alles trocken und sicher gelagert. Sogar Bücher hat er daraus binden lassen. Manchmal nur unter Protest der Profis, die wegen des ungewöhnlichen Materials besorgt waren. „Ich habe dann gesagt: Machen! Ich zahle auch dafür“, erzählt er. „Danach hatten sie feuchte Augen, freuten sich, dass es noch mal gut gegangen ist. Ich habe dann nur gesagt, das ist nicht gut gegangen. Das ist genial!“
Schon lange arbeitet er hauptsächlich mit Hahnemühle-Papier, deren Produktion auf das Jahr 1584 zurückgeht und auf das er seine Bilder seit 20 Jahren in bester Museumsqualität druckt. „Bilder sollten eine lange Haltbarkeit haben“, sagt er. Und weil Ivo von Renner auch ein begnadeter Geschichtenerzähler ist, folgt an dieser Stelle die Anekdote über die mit Bleistift handschriftlich signierten Titel seiner aktuellen Double-Polaroid-Ausstellung, an der er arbeitet.
Unter den Rahmen findet sich stets ein gelbstichiges, gerissenes Stück Papier, das er im Format 60 Zentimeter breit, DIN A4 hoch, auf dem Dachboden seiner Mutter gefunden hat. Es ist aus seinem Geburtsjahr, gehörte dem Vater und trägt die Behördenaufschrift „Bauvorhaben 1949“. Pause. „Dieses Papier hat eine irrsinnige Farbigkeit, eine so feine Struktur. Das ist etwas ganz Besonderes im Zusammenspiel mit meinen Polaroids“, sagt er. Es ist ihm im Gesicht abzulesen, mit welcher Leidenschaft er alle Facetten seines Berufes, seiner Berufung lebt. „Papier berührt die Seele des Betrachters.“ Schöne Worte sind das. Auch sie berühren. Doch was ist mit der zunehmenden Digitalisierung der Welt?
Seiner Welt? Was ist mit der Wertigkeit im Netz? Den Menschen, die jeden Tag posten, was sie fotografiert haben. Millionen sind das. Kann man sich noch gegen diese massenhafte Darstellung abheben als Profifotograf?